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Sonntag, 18. Januar 2015

Hagen, Kunstquartier: Osthaus Museum - Emil Schumacher Museum

Wie Hagen zu zwei Kunstmuseen kommt ... Die man beide besuchen sollte!

Osthaus Museum und Emil Schumacher Museum: Gleichklang 

Hagen. Nicht gerade berühmt für kulturelle Höhepunkte und Sinn für Schönheit. Das war auch vor 150 Jahren schon nicht viel anders.

Expressionismus-Raum im Osthausmuseum
Foto: Vera Kriebel, 2012

Karl Ernst Osthaus in Hagen: Ganzheitliche Vision

Es war daher ein Glücksfall, dass hier der kulturell engagierte und kunstbeflissene Bankierssohn Karl Ernst Osthaus 1847 geboren wurde und sein Erbe dazu verwandte, ein Modellprojekt aufzubauen, das allen Schichten Zugang zu Schönheit, Bildung und Kunst ermöglichen sollte. Osthaus hatte intensiven Kontakt zur Worpsweder Künstlerkolonie und dem Deutschen Werkbund sowie der englischen Gartenstadtbewegung.

Er war einer der ersten, die außereuropäisches Kunst(hand)werk und Kultobjekte, archäologische Fundsachen zusammen mit "westlicher" Kunst präsentierte und der systematisch deutsche Expressionisten sammelte und ausstellte; Osthaus arbeitete zudem intensiv mit Jugendstil- und Bauhauskünstlern wie Henry van der Velde zusammen. Um 1900 wurde das Folkwang-Museum eröffnet, das sowohl Kunst- wie naturwissenschaftliches Museum war. Es folgten eine Malschule, Bauprojekte wie Gartenstadt und Arbeitersiedlung.

Seine Pläne konnte Osthaus dennoch nicht umsetzen - zum einen, weil sich sein Vermögen erschöpfte, zum anderen, weil er früh 1921 starb, und zudem, weil ihm die Unterstützung der Umgebung fehlte. In Hagen sind seine Visionen nie wirklich ernst genommen worden. Nach seinem Tod wurde daher die gesamte Sammlung nach Essen verkauft und bildete dort den Grundstock für das Folkwang-Museum und Ausgangspunkt für die Folkwang-Akademie.
Museumsplatz in Hagen mit dem
Neubau für das Emil Schumacher Museum (links) und
dem Foyer-Anbau am Osthaus Museum (rechts)

Kunstquartier am Museumsplatz: Das Osthaus Museum

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Karl Ernst Osthaus Museum in Hagen eröffnet und versuchte erneut eine Sammlung deutscher Expressionisten und aktueller Kunst aufzubauen. Seit der Wiedereröffnung 2009 ist am (wenig repräsentativen) Museumsplatz, dem ursprünglichen Ort des Folkwang-Museums, ein (neudeutsches) Kunstquartier entstanden.

Minne-Brunnen von George Minne
(Nachbau im Folkwang-Museum, Essen)
Auf der einen Seite der klassistische Bau des ehemaligen Folkwang-Museums, erweitert um moderne Anbauten, die heute das Osthaus Museum bilden. Die Innenausstattung wurde teilweise rekonstruiert, insbesondere ein etwas gezierter Trakt mit Impressionisten und Expressionisten und der - für heutigen Geschmack süßliche, ja kitschige - Minne-Brunnen in der Eingangshalle, der im Übrigen auch als Nachbau im Folkwangmuseum in Essen steht. Neben Wechselausstellungen (zum Beispiel die große Schau der Berliner Neorealisten 2012) werden im Erdgeschoss Kunst um 1900 sowie Sigrid Sigurdssons Architektur der Erinnerung, im ersten Stock Expressionisten und Klassiker der Moderne und Christian Rohlfs gezeigt.

Berliner Realisten
Osthausmuseum, Hagen, 2012
Foto: Vera Kriebel, 2012
Im Keller bietet das "Junge Museum" ein großes Vermittlungsangebot (zum Beispiel 2012 "Mit der Natur malen"). Außerdem organisiert das Osthaus Museum stadtgeschichtliche Führungen. Ein im 21. Jahrhundert geradezu wunderlich edler Saal im überfeinerten Stil ferner Zeiten ist die Douglas Lounge - ein Ort der Kontemplation, zum Feiern, für Konferenzen ... (Foto unten).

Emil Schumacher Museum - Expressive Malerei im Nachkriegsdeutschland

Auf der anderen Seite des Kunstquartiers das Emil Schumacher Museum - beide Museen sind eng verbunden durch ein gemeinsames Foyer und eine Glasfassade über die gesamte Hausfront (siehe Fotos unten; der Neubau ist im Übrigen wie so viele Ergebnis von Handwerker-Pfusch).

Der Informel-Künstler Emil Schumacher ist sicher der berühmteste Sohn der Stadt, geboren 1912 in Hagen, gestorben 1999 auf Ibiza. Museum, Sammlung und Ausstellungen in Hagen, das sich auch in den letzten Jahrzehnten nicht kunstfreudiger gezeigt hat als 1922, sind ohne die Anstrengungen des Sohns des Künstlers, Ulrich Schumacher, nicht denkbar. Die durch ihn gegründete Stiftung umfasst 500 Werke.
Emil Schumacher
Emil Schumacher Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012
Breite Konturen, wilde Farbflächen, Bilder, die dem Besucher mit verschiedensten Materialien oder dickstem Farbauftrag in Schichten, Klecksen, Wällen entgegenwachsen, und darinnen oder daneben schwebende, fast animistische Konturen von Urwesen, oft Pferden - manchmal von urtümlicher Gewalt, manchmal in zarten, flüchtigen Gouachen, als seien sie Fossilien entsprungen oder vor Jahrtausenden auf Höhlenwänden gemalt worden (zum Beispiel in der Serie Djerba 69-78, was Schumachers Werke im Übrigen mit Joseph Beuys' kaum bekannten, wundervoll zarten Aquarellen und Bleistiftzeichnungen verbindet).
Schumacher-Atelier
Emil Schumacher Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012

Schumacher - Afrika
Emil Schumacher Museum, Hagen, 2012
Foto: Vera Kriebel, 2012
Ein Raum im Erdgeschoss beherbergt eine Art Atelier-Nachbau, der allerdings nicht begehbar ist und weder Unterhaltungs- noch Informationswert besitzt. Demonstriert wird dort filmisch die kraftvolle Arbeitsweise Schumachers, in der der Malakt nicht Mittel zum Zweck, sondern im Mittelpunkt des Schaffens steht. In den beiden oberen Stockwerke werden neben der Sammlung auch Sonderausstellungen präsentiert, zum Beispiel zu bestimmten Themen (2012 Gouchen in der "Minnesota-Suite" und die große Schau "Schumacher - Afrika", die Schumacher-Gemälde zusammen mit Großskulpturen aus dem Nigerdelta zeigt).


Kein Graben, sondern Glas: Osthaus und Schumacher

Und auf den zweiten Blick sind die anfangs so unterschiedlichen Museen sich auch gar nicht mehr so fremd: Die Expressionisten Anfang und die (abstrakten oder informellen) Expressionisten Mitte des 20. Jahrhunderts - sie ließen ihre Bilder mit Farben, mit Flächen, mit großen Gesten, Überschwang, Gefühl sprechen, gaben dem "natürlichen" Organischen wieder sein Recht zurück (auch hier sind Jugendstil und zeitgenössische Expressionisten wie Kirkeby nicht allzuweit voneinander entfernt). Analyse und Ratio (wie im Kubismus oder heute bei der Concept Art) - das waren nicht ihre Themen, Herangehensweisen, Mittel der künstlerischen Verarbeitung.
Gläserne Mauern -
Aufgang zum Schumacher Museum in Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012

Infos zum Museumsquartier in Hagen: Osthaus Museum und Emil Schumacher Museum

  • Adresse: Kunstquartier Hagen - Osthaus Museum und Emil Schumacher Museum, Museumsplatz 1, 58095 Hagen.
  • Anfahrt: Navi: Hochstr. 73, 58095 Hagen. ÖPNV/Bahn: Das Museum ist nur etwa 15 Minuten Fußweg vom Hauptbahnhof Hagen entfernt.
  • Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 11 bis 18 Uhr, montags geschlossen!
  • Eintrittspreise: Kombi-Ticket für das Kunstquartier (Eintritt in beide Museen): 6 Euro, ermäßigt 2,-, Familienkarte 12 Euro, Kinder bis 6 Jahre Eintritt frei. Sonderausstellungen extra.
  • Virtuelles Museum mit Bildern und kurzen Erläuterungen: zum Osthaus Museum und Emil Schumacher Museum.
  • Begleitprogramm: Veranstaltungskalender. Aktuelle Ausstellungen Osthaus Museum. Führungen immer sonntags, 11:15 - 12:15, im wöchentlichen Wechsel Osthaus Museum und Emil Schumacher Museum. Ferienprogramm.
    Junges Museum mit interkulturellem Programm und Museumspädagogik.
  • Informationen zu Karl Ernst Osthaus und zur Geschichte des Osthaus- und Folkwang-Museums

Ausstellungsbesprechungen



(Ursprünglich erschienen 2012 auf suite101.de)


Emil Schumacher Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012

Emil Schumacher Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012

Emil Schumacher Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012

Emil Schumacher Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012



Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015

Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015

Kellergewölbe
Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015

Kellergewölbe
Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015

Architektur der Erinnerung, Sigrid Sigurdsson
Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015

Architektur der Erinnerung, Sigrid Sigurdsson
Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015

Architektur der Erinnerung, Sigrid Sigurdsson
Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2015


Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012

Douglas Lounge: Edles Ambiente
Osthaus Museum, Hagen
Foto: Vera Kriebel, 2012





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